Linkliste: Integration Geflüchteter aus 2015

Symbolbild faul oder fleißig

Bei einer unserer letzten „Triff die Grünen“-Veranstaltung am 10.1.2024 hatten wir zwei Nicht-Grüne Mitglieder zu Gast, worüber wir uns sehr gefreut haben.

In der Diskussion mit einem Gast kam das Thema auf, ob sich die im Jahr 2015 nach Deutschland Geflüchteten gut integriert haben – oder ob etwas am Gerücht dran ist, dass sie eher faul seien, und sich gar nicht integrieren wollten.

Ausgelöst wurde die Diskussion durch zwei Artikel aus seriösen Quellen:

  • Tagesschau vom 27.7.2023: „Über die Hälfte der 2015 Geflüchteten erwerbstätig“ – mit Zahlen aus dem Jahr 2021. In diesem Artikel wird die Integration positiv beschrieben. Einziger Wermutstropfen: Die Quote bei den Frauen ist mit 23% deutlich niedriger als bei den Männern (67%). Die Erwerbsquote wird mit 54% genannt.
  • Spiegel vom 10.10.2023: Diesen Artikel nannte der Gast, weil dort beschrieben ist, wann Geflüchtete bei uns arbeiten dürfen, was man spätestens nach 9 Monaten könne.

Deswegen wurde die Frage gestellt, warum Geflüchtete nur zu etwas mehr als der Hälfte erwerbstätig seien, wo sie doch schon längst arbeiten dürften.

Um diese Frage zu beantworten, mussten wir weiter recherchieren:

  • Was bedeutet „erwerbstätig“?
  • Was ist die Zielgröße, mit der man erkennt, ob die Zahl gut oder schlecht ist?
  • Wann dürfen Geflüchtete wirklich arbeiten?

Diese Recherchen dokumentiere ich hier – es ist gut möglich, dass die Frage wieder kommt.

Was bedeutet „erwerbstätig“?

Hier hatten wir z.B. diskutiert, ob Auszubildende als Erwerbstätige zählen oder nicht.

Die Definition findet sich beim Statistischen Bundesamt:

Aber „[Personen in] Weiterbildungsmaßnahmen, Ausbildung oder Elternzeit und Mutterschutz“ gelten nicht als Erwerbstätige. (Zitat BR – Faktenfuchs) Ebenso natürlich nicht Arbeitslose.

Deswegen ist die Erwerbstätigenquote niemals 100%, auch nicht bei Einheimischen.

Sind jetzt 54 % gut oder schlecht?

Hier verweise ich auch auf den (langen, ) gut recherchierten Artikel des BR-Faktenfuches. Einige Kern- bzw. interessante Aussagen:

  • Bei Einheimischen lag 2021 die Erwerbstätigenquote bei 75,8 %.
    Damit müssen also die 54% verglichen werden und nicht etwa mit 100%, wie mancher in der Diskussion suggerieren möchte.
  • Je länger Menschen in Deutschland sind, umso höher ist die Erwerbstätigenquote. Das ist eigentlich eine Binsenweisehit. Allerdings bedeutet das, dass Aussagen wie „Personen, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, haben eine Erwerbstätigenquote von x%“ sinnvoll sind, aber Aussagen wie „Syrer in Deutschland haben eine Erwerbstätigenquote von x%“ eben nicht, da sie nicht die Dauer des Aufenthalts einberechnen.
  • Menschen mit guter Bleibeperspektive kommen später in Arbeit, da sie eher zunächst Sprachkurse und Ausbildungen besuchen, um dann bessere Stellen zu bekommen. Personen mit geringer Bleibeperspektive nehmen eher Hilfsjobs an.
  • Schätzung: Ohne Corona wäre die Erwerbstätigenquote 4-5% höher
  • „Investition in Integration lohnt sich“ und „Staatsangehörigkeit wirkt sich positiv auf Arbeitsmarktintegration aus“ sind zwei weitere Überschriften in diesem Text

Somit lautet die Antwort: Die 54 % sind gut, wenn auch noch Potenzial nach oben ist.

Wann dürfen Geflüchtete eigentlich arbeiten?

Zwar haben wir die Ausgangsfrage schon beantwortet, dennoch lohnt es sich, genauer hinzusehen, ab wann Geflüchtete arbeiten dürfen. Denn das ist recht verzwickt.

Darüber gibt die Seite des bayerischen Innenministeriums Auskunft:

  • Bei Ankunft dürfen die Geflüchteten 3 bis 9 Monate (letzteres gilt für im ANKER-Zentrum untergebrachte) nicht arbeiten
  • Wenn ihr Asylverfahren noch läuft, können die Geflüchteten zwischen den 3 und 9 Monaten vielleicht arbeiten (Ermessen der Ausländerbehörde)
  • Wenn ihr Asylverfahren noch läuft, dürfen sie nach 9 Monaten (in der Regel) arbeiten (außer: sichere Herkunftsländer, „offensichtlich unbegründete“ Anträge (was immer das heißt))
  • Wenn ihr Asyl anerkannt wurde, dürfen sie arbeiten
  • Wenn das Asyl abgelehnt wurde, kann die Ausländerbehörde nach ihrem Ermessen die Arbeit erlauben. Auch geduldete (also Personen, die nicht abgeschoben werden dürfen) dürfen also nicht automatisch arbeiten. Das entscheidet die Ausländerbehörde.

Das bedeutet: Wir wissen nicht, wie viele der Geduldeten (Stand 31.12.2023: 193.900 [Diese Zahlen habe ich von der ausführlichen Webseite Mediendienst Integration]) plus unmittelbar Ausreisepflichtigen (48.700 – hier könnte aber jederzeit abgeschoben werden) überhaupt arbeiten dürfen.

Das Symbolbild wurde von einer KI (Open AI / Microsoft) erstellt.
Der Beitrag wurde am 11.02.2024 veröffentlicht.