Meine erste LDK

Wir 4 Delegierte aus dem KV Dachau: Karin Beittel, Franz Schneider, Martin Cremer, Raluca Behrens
Wir 4 Delegierte aus dem KV Dachau: Karin Beittel, Franz Schneider, Martin Cremer, Raluca Behrens

Am Wochenende vom 26.1.-28.1.2024 waren wir zu viert (s. Bild oben von links nach rechts: Karin Beittel, Franz Schneider, Martin Cremer und Raluca Behrens) aus dem Kreisverband Dachau, davon 2 Delegierte aus Karlsfeld, in Lindau auf der Landesdelegiertenkonferenz – also dem Parteitag der bayerischen Grünen. In der Halle waren über 300 Delegierte und weitere Ersatzdelegierte und Gäste. Hier will ich von den Erfahrungen berichten.

Straffes Programm

Das Programm der LDK war dicht gedrängt: Es standen viele Wahlen an – darunter „Kampfabstimmungen“ (wie die Presse es nennt) – für die Posten der beiden Landesvorsitzenden, etliche programmatische Anträge und die Vorstellung der Spitzenkandidat*innen für die Europawahl. Für einen Neuling wie mich war es spannend zu erleben.

Um all diese Punkte unterzubringen, gingen die Sitzungen jeweils bis in die Nacht (am Samtag bis 22 Uhr), beginnend am Freitag um 18 Uhr bzw. am Samstag und Sonntag jeweils um 9 Uhr. Auch wenn es anstrengend war, war es interessant und die Stimmung unter den Delgierten war sehr gut – sehr freundliche und nette Menschen!

LDK Lindau
Für die schöne Stadt Lindau blieb leider sehr wenig Zeit

Spannende Wahlen

Bisher waren die Vorsitzenden Eva Lettenbauer und Thomas von Sarnowski. Zusätzlich gab es mit der ehemaligen Landtagsabgeordneten Gisela Sengl eine weitere chancenreiche Kandiatin und noch zwei weitere männliche Kandidaten.

Die Abstimmungen waren sehr knapp. Zunächst gewann Eva gegen Gisela mit 10 Stimmen Vorsprung, dann Gisela, die dann auch für den offenen Platz kandidierte, gegen Thomas mit 12 Stimmen Vorsprung – und das bei deutlich mehr als 300 gültigen Stimmen!

Da diese 3 Kandidat*innen offensichtlich ähnlich gut und beliebt waren, ist es natürlich schade, wenn einer dann nicht gewählt wird. Aber so ist Demokratie. Thomas wurde fast direkt nach seiner Niederlage vom Bayerischen Rundunk interviewt, was ich schon krass fand. Er äußerte sich aber sehr gefasst „Demokratie lebt von den Möglichkeiten der Wahl – und das verteidige ich hier“, was ich sehr bemerkenswert fand. Was mich aber besonders bewegt hat, war, dass wir Thomas mit standing ovations minutenlang beklatscht haben. Ich bin stolz auf uns GRÜNEN, dass wir hart ringen können, aber uns danach auch wieder die Hand geben können und die menschliche Größe haben, Thomas‘ Wirken zu würdigen, und zwar alle, auch die, die ihn gerade eben nicht gewählt hatten.

Gewählt wurden Eva Lettenbauer und Gisela Sengl als Landesvorsitzende
Gewählt wurden Eva Lettenbauer und Gisela Sengl als Landesvorsitzende

Interessante Personen

Auch wenn die Sitzungen lang waren, gab es natürlich viele Möglichkeiten, sich mit anderen GRÜNEN Mitgliedern und Delegierten auszutauschen, zu diskutieren und ihre Meinungen und Standpunkte näher kennen zu lernen. Dazu gab es genug Zeit nach dem Ende der Sitzungen. Vor Mitternacht waren wir nie im Bett – und trotzdem wieder am nächsten Tag pünktlich am Start!

Außerdem sieht man natürlich auch Polit-Prominenz, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt:

  • Ludwig Hartmann
  • Anton Hofreiter
  • Claudia Roth
  • (Katha Schulze war leider krank und konnte nicht dabei sein)

Alle sind nahbar – teilweise sogar mit kleinem Kind, das mit einem Bobby-Car durch die Versammlung fährt. Man kann mit ihnen sprechen und sie unterhalten sich mit mir – auch als einfachem Mitglied – ganz ungezwungen.

Gelebte Ideale

Beeindruckend fand ich auch, wie das Catering gelöst wurde. Wie es sich gehört, waren die Mahlzeiten Bio. Da Bio aber natürlich mehr kostet als konventionelles Essen, waren die Mahlzeiten mit 16 € relativ teuer. Deswegen hatte die Landesgeschäftsstelle folgende Lösung organisiert: Jede*r konnte selbst frei entscheiden, ob er 10€, 13€ oder 16€ zahlen wollte – ganz nach seinen eigenen Fähigkeiten. Der Rest wurde vom Landesverband übernommen und so das Essen subventioniert.

Damit geht Ökologie und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand.

Europa

Am Sonntag war – neben weiteren Wahlen – das Hauptthema Europa und die im Juni statt findenden Europawahlen.

Wir Delegierte aus Karlsfeld: Raluca Behrens und Martin Cremer

Die deutsche Spitzenkandidatin Terry Reintke war aus Gelsenkirchen zugeschaltet und die bayerische Spitzenkanidatin Andie Wörle stellte sich und ihre Agenda vor. Es ist schön zu sehen, dass wir so kompetente Politikerinnen für die Europawahl aufgestellt haben!

Zusammen mit dem weiteren bayerischen Kandidaten Maximilian Retzer konnte ich mich im Anschluss mit Andie Wörle unterhalten. Sie nahmen sich Zeit für mich und so konnte ich sie ein wenig kennen lernen.

Ich glaube, dass die Europawahl sehr spannend wird und wir dort vor einigen Herausforderungen stehen. Wir haben sicher gute Botschaften. Wie wir diese den Wähler*innen präsentieren, wird aber sicher nicht ganz einfach: Ab 16 kann gewählt werden! Damit haben wir Wähler*innen, die mit Europa aufgewachsen sind, und es nicht anders kennen (und gar nicht mehr wissen, wie es vorher war), bis zu denen, die sich zumindest aus Erzählungen der Eltern oder Großeltern noch an den Krieg erinnern können.

Hier ein paar Anregungen, die ich von der LDK mitgenommen habe:

Was ist so gut an der EU?

Das ist sicher die erste Frage, die wir aufzeigen müssen, da ja viel über Europa gespottet wird (z.B. „Krümmung von Gurken“)

  • Die EU ist ein Friedensprojekt:
    Noch nie hatten wir so lange Zeit Frieden in Europa und Deutschland. Zum Beispiel wurden aus den jahrhundertealten Erzfeinden Frankreich und Deutschland nun Freunde.
  • Wirtschaftlicher Aufschwung durch die EU:
    Die Wirtschaft und viele Arbeitsplätze in der EU – und ganz besonders in Deutschland und Bayern – profitieren vom Binnenmarkt ganz erheblich. Der BREXIT hat gezeigt, wie eine Volkswirtschaft (und damit auch die Menschen) unter einem Austritt aus der EU leiden!
  • Werte wie Freiheit und Demokratie:
    Als Gruppe von Staaten können wir viel wehrhafter gegen Tendenzen gegen Demokratie, Freiheit oder Rechtstaat sein. Dass das nötig ist, zeigt das Beispiel von Ungarn. Und dass es funktionieren kann, das Beispiel Polen.
    Und Putin hat die Ukraine nur angegriffen, weil er Angst vor einer freiheitlichen Demokratie vor seiner Haustür hat!

Was sind unsere Erfolge?

Welche Erfolge hat die EU für das Leben der einzelnen Menschen erzielt – und welche davon sind ganz maßgeblich durch die GRÜNEN erstritten worden?

  • Offene Grenzen – mein 20jähriger Sohn kennt keine Grenzen mehr. Ich erinnere mich noch als Kind an die Grenzkontrollen sogar zwischen Österreich und Deutschland!
  • Das Telefonieren und Surfen kostet so viel wie in Deutschland. Eine Flatrate in Deutschland kann man auch im EU-Ausland nutzen. Wie teuer früher Handy-Telefonieren im Ausland war!
  • Corona-Impfstoffe konnten gemeinsam beschafft werden, was sie auch billiger machte.
  • Der Green Deal ist die große Hoffnung, dass wir den Klimawandel noch einigermaßen in den Griff bekommen können. Wenn uns gelingt, die Wirtschaft zu transformieren, werden wir viele Arbitsplätze sichern bzw. neu schaffen und gleichzeitig unsere Lebensgrundlagen erhalten. Ohne die GRÜNEN gäbe es das nicht.
  • Auch von den GRÜNEN maßgeblich verhandelt wurde das einheitliche Ladekabel für Handys. Das wird den Kabelsalat beenden und weniger Ressourcen verschwenden.
  • Die GRÜNEN haben sich erfolgreich für einen EU-weiten Mindestlohn eingesetzt.

Warum ist es so wichtig, für einen GRÜNEN Erfolg zu kämpfen?

Bei der nächsten Wahl steht viel auf dem Spiel:

  • Der Green Deal muss weiter getragen und mit Leben gefüllt werden
    So erzielen wir positive Effekte für das Klima und die Wirtschaft
  • Die CDU/CSU kooperiert innerhalb der EVP mit weiter rechts stehenden Parteien wie der Rechts-Außen-Partei der italienischen Ministerpräsidentin. Wie sollen wir damit die Werte Freiheit, Demokratie und Rechtstaat sichern?
  • Themen wie Artensterben (was eine ähnliche Brisanz wie der Klimawandel hat) und soziale Gerechtigkeit haben sonst keine Chance.
  • Ohne uns wäre die Menschenrechtslage in der Migrationspolitik noch schlimmer!
    Mit den aktuellen Kompromissen konnte das Schlimmste verhindert werden, auch wenn viele nicht glücklich damit sind. Nicht auszudenken, was eine geschwächte GRÜNE Position bedeuten würde!

Aufgezeichnet von Martin Cremer, 28.01.2024