Informative Podiumsdiskussion zu den transatlantischen Beziehungen nach der bevorstehenden US-Wahl

Podiumsteilnehmer: Reinhard Bütikofer, Britta Jacob, Georg Fahrenschon, Constance Chucholowski und Rainer Husmann
Podiumsteilnehmer: Reinhard Bütikofer, Britta Jacob, Georg Fahrenschon, Constance Chucholowski und Rainer Husmann

Am 29.10.2024, also genau eine Woche vor der Wahl in den USA, veranstalteten die Grünen aus Bruck und Dachau im KOM in Olching eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion, um die Auswirkungen der Wahl auf das transatlantische Verhältnis zwischen Deutschland bzw. Europa im Ganzen und den Vereinigten Staaten von Amerika zu beleuchten.

Auf dem Podium saßen:

  • Reinhard Bütikofer: früherer Bundesvorsitzender der GRÜNEN und ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments für die GRÜNEN. Dort war er im auswärtigen Ausschuss in den Delegationen für die Beziehungen zu den USA und zu China. Zum Dank für seine menschenrechts-basierte Haltung hat ihn China zur unerwünschten Person erklärt.
  • Britta Jacob: Bundestagskandidatin für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für den Wahlkreis Bruck/Dachau. Als Spezialistin für Außen- und Sicherheitspolitik hat sie den Koalitionsvertrag mitverhandelt und war persönliche Beraterin von Außenministerin Annalena Baerbock.
  • Georg Fahrenschon: ehemaliger bayerischer Finanzminister (CSU) und Mitglied der Atlantik-Brücke. Damit ist er ein Experte für die Beziehungen zu den USA.
  • Constance Chucholowski: Politikberaterin und Vorsitzende der deutschen „Democrats Abroad„, also der US-Demokratischen Partei im Ausland

Moderiert wurde die Veranstaltung vom Kreisvorsitzenden der GRÜNEN Bruck, Rainer Husmann.

In den Vorankündigungen war noch der Botschafter Rainer Rudolph, stellvertretender Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, genannt worden, der allerdings krankheitsbedingt absagen musste. Deswegen freuten sich alle Beteiligten, dass Georg Fahrenschon so kurzfristig zusagen und kommen konnte und das Podium bereicherte.

Podiumsveranstaltung zur US-Wahl im vollbesetzten KOM in Olching
Podiumsveranstaltung zur US-Wahl im vollbesetzten KOM in Olching

Der Veranstaltungssaal war mit 150 interessierten Personen sehr gut gefüllt. Diese bewiesen in der fast 2-stündigen Veranstaltung Ausdauer und spendeten den Podiumsteilnehmer*innen immer wieder Applaus für ihre Ausführungen.

Dabei wurde eine Vielzahl von Themen diskutiert. So sehen die Expert*innen voraus, dass sich die USA – unabhängig vom Wahlausgang – außenpolitisch eher dem indopazifischen Raum zuwenden wird als sich auf Europa zu konzentrieren. Denn dort gibt es mit China einen Gegenspieler, der versucht, die Supermacht USA in vielen Einflussbereichen in Bedrängnis zu bringen. Dies ist auch ein Streit zwischen politischen und wirtschaftlichen Systemen: Die USA und Europa als liberale, marktwirtschaftliche Demokratien auf der einen und China mit Russland als Autokraten auf der anderen Seite.

Das bedeutet für uns in Deutschland und Europa, dass wir uns mehr um unsere eigene Sicherheit kümmern müssen und uns weniger auf der Position der USA ausruhen können. Europa müsse erwachsen werden, wie Britta Jacob betonte.

Auch wenn die Konzentration der USA auf einen anderen Raum bei beiden Kandidat*innen Harris oder Trump ähnlich sein wird, macht es aber natürlich einen Unterschied, wer von ihnen die Wahl gewinnt. Trump solle nicht unterschätzt werden, so ist die einhellige Meinung auf dem Podium. In der ersten Amtszeit sei er noch durch Mitarbeiter*innen von allzu gefährlichen Schritten abgehalten worden, aber jetzt umgebe er sich mit loyalen Personen, so dass diese Sicherheit wegfalle. Außerdem habe er schon in der ersten Amtszeit multilaterale Verträge verlassen, obwohl das nicht im Sinne der USA gewesen sei, da er damit bei seinen Wähler*innen Punkte habe machen können. Kamala Harris werde auf der anderen Seite eine verlässliche Partnerin sein, wenn auch ihre Positionen natürlich in erster Linie die Interessen der USA vertreten werden.

Umso wichtiger seien freundschaftliche Beziehungen zwischen den USA und Deutschland, die mit einer Präsidentin Harris leichter zu erreichen wären. Wichtig zu bedenken sei aber auch, dass die USA mehr als ihr Präsident oder ihre Präsidentin seien, stellte Britta Jacob heraus: Man könne (oder müsse unter Präsident Trump) auch auf andere Weisen mit den USA zusammenarbeiten – mit einzelnen Bundesstaaten, mit Organisationen der Zivilgesellschaft und Forschungseinrichtungen.

Britta Jacob und Georg Fahrenschon auf dem Podium zur US-Wahl
Britta Jacob und Georg Fahrenschon auf dem Podium zur US-Wahl

Großen Applaus gab es noch für die Ausführungen Reinhard Bütikofers und Georg Fahrenschons zu dem Nahost-Konflikt: Deutschlands Position der Einhaltung der Menschenrechte sei möglicherweise noch nicht klar genug artikuliert worden, weswegen Deutschland Ansehen in der Welt eingebüßt habe. Es müsse klar sein, dass die Hamas mit ihrem Terrorangriff ein abscheuliches Verbrechen verübt habe, was ihr formuliertes Ziel unterstrichen habe, Israel auslöschen zu wollen. Dem müsse man sich entgegenstellen. Auf der anderen Seite dürfe man auch nicht übersehen, dass die Rechts-außen-Regierung unter Netanyahu vieles schlimmer mache. Man könne auch die Opfer unter der palästinensischen Bevölkerung nicht einfach so hinnehmen. Natürlich sei die Hamas extrem zynisch, die ihre eigene Bevölkerung als Schutzschilde benutzt und sich nicht um deren Rettung kümmere. Aber andererseits dürfe man das Elend in Gaza mit tausenden Toten nicht einfach akzeptieren. Und hier sei eben auch zu sehen, dass die anderen Staaten wie z.B. China und Russland eine gefährliche Rolle spielen.

Als weiteres Thema beschrieb Constance Chucholowski das Problem der Desinformation anhand einiger Beispiele aus ihrer Erfahrung: Natürlich sei auch Künstliche Intelligenz ein Problem, die Videos erzeuge, die man nicht mehr von echten Inhalten unterscheiden könne. Aber das größte Problem seien Influencer*innen teils in den sozialen Medien oder YouTube oder TV-Sender, die schamlos falsche Narrative erzählten, die nicht der Wahrheit entsprächen, um für sich einen Vorteil zu erreichen. Das führe dazu, dass mittlerweile die Zahl der Menschen in den USA Dinge glaubten, die „wir in diesem Raum als komplett verrückt bezeichnen würden“. Sich dieser Entwicklung entgegen zu stellen, die auch in Deutschland begonnen habe, sei eine wichtige Aufgabe für uns alle.

Die gesamte Veranstaltung ist aufgenommen worden und kann hier auf YouTube angesehen werden.

aufgezeichnet von Martin Cremer, OV Karlsfeld